Oslo// Sludd i halvmørket

Möwe Oslo Fußring

Am Morgen ist meine schöne Aussicht verschwommen hinter der Scheibe.

Ich denke über Pläne nach, die mich tagsüber beschäftigen sollen, als ich beim Frühstück Brunost auf Knekkebrødsplitter lege. Die Kantine ist groß und die Teller klappern. Ich sitze alleine und lese Zeitung. Neben mir sitzt einer alleine und liest Zeitung. Wir lesen gemeinsam alleine Zeitung. Dabei fällt mir ein, dass ich das Meer noch gar nicht gesehen habe, dabei ist es doch so herrlich.

Mein Schirm ist eine verkehrte Insel. Rundherum fällt der Regen von oben nach unten. Das tut er nicht immer. Wenn er sich mit dem Wind zusammentut, fällt er schräg und trifft trotz der Schirminsel.

opera Oslo Fjord

Als ich die Oper sehe, gibt es mir einen positiven Stich knapp unter dem Zwerchfell. An ihrem Ufer ist der Fjord noch gefroren. Ich steige den Marmorberg hinauf schaue von allen Seiten auf die Stadt. Von der Baustelle herauf knirschen die Kräne, unterlegt von einem tiefen Brummen. Sie müssen eine Senke auspumpen, die ist voller Schmelzwasser und Regen.

Tjulvholmen Hafenpromenade

Am Wasser ist der Wind bissig. Ich wandere bis zur Tjuvholmenspitze vor. Ein Cruiseschiff schiebt sich aus seinem Standplatz, es ist so groß wie ein Haus. Ich denke darüber nach, dass es schlussendlich von nur einem Menschen gesteuert wird, der an der einen oder anderen Stelle den Befehl dazu gibt, jetzt verkehrt aus dem Hafen zu fahren. Es sind Ameisenleute auf Deck.

Meer Graublau Oslofjord

Ich stehe oben an der Festungsmauer von Akershus, als der Schneeregen beginnt. Schnegen. Er patscht auf die Schirminsel und rutscht an den Seiten entlang. Auf der anderen Seite steht eine Wache in akkurater Haltung. Am Weg hinunter komme ich am Stall vorbei.

hest Akershus Festning Pferd

Meine Pläne verlaufen sich heute ein wenig. Ich habe gelesen, dass eine Ausstellung im Radhus ist und sehe sie mir an, dann gehe ich in die Nationalbibliothek. Ich suche mir das schönste alte Buch aus, das im Freihandbereich steht und nehme es mit zu einem der Arbeitsplätze. Es ist ein Stats-Calender aus 1850, Christiania steht dabei. Damals hieß Oslo noch so. Christiania.

Der Schneegen ist zu kalten Niesel ausgedünnt, als ich über den Schlossplatz gehe. Heute fehlen die Touristen, die Wachen führen ihr Fersengeklapper und Gewehrpräsentieren ganz umsonst auf. Am Weg nach Grünerløkka kaufe ich wieder Smågodt, Saltzlakritzfische die sich nicht zerbeißen lassen.

Det Kongelige Slott Oslo Palace

Die Deichmanske Bibliothek scheint mir eine gute Idee, mit meiner Schreibarbeit weiterzumachen und ich setze mich in den ersten Stock, wo niedrige Ledercouches zwischen weißen Regalen mit Comics stehen. Im Nebenraum geht das Geschnatter einer Sprechrunde, leider bin ich zu spät und alle Tische sind voll. Mit einem Ohr überhöre ich ein Gespräch zwischen der Bibliothekarin und einem alten Mann, der gekommen ist, um Ansprache zu haben. Sie erzählt ihm, dass am Abend noch eine Zeichenstunde stattfinden würde und ich beschließe, dafür zu bleiben.

Deichmannske Bibliotek

Motiviert von meinem einsamen Kreativausbruch im gestrigen Kunstnernes Hus (ohne Felix) setze ich mich in den Raum, der, nachdem sich das bunte Geplauder der Sprechstunde aufgelöst hat, umso stiller ist, an den Tisch zu drei anderen. Es sind junge Männer, einer hat seinen Laptop dabei uns zeichnet digital, der andere spricht mich freundlich und leicht verdutzt an.

Es klärt sich, dass es ein Thema gibt, an dem gemeinsam gearbeitet wird, Once Upon A Time und sie würden gemeinsam ein Comic Panel kreieren. Es klärt sich auch, dass die drei Künstler mit eigenständigen Veröffentlichungen im Bereich von Comic und Kinderbuchillustration sind und dass ich mit meinem kratzigen Fineliner keine weiten Sprünge machen werde. Die Burschen sind talentiert und ich sitze mit ihnen am Tisch und sehe ihnen beim Zeichnen zu, ein bisschen ausländischer Creep mit roten Flecken auf den Wangen, der sich da hineinverirrt hat, ohne irgendetwas Sinnvolles beizusteuern.

Nach einer Stunde verabschiede ich mich und sie sagen, ich soll wiederkommen, wenn ich wieder in Oslo bin und ich wünsche ihnen viel Glück für ihre Projekte.

Am Abend mache ich noch einmal meine Akerselvarunde, es hat beinahe zu regnen aufgehört. Das Wasserfallrauschen ist lauter als meine Musik, aber unendlich beruhigend. Ich stehe dort, bis mir zu kalt wird, dann lasse ich es gut sein und spaziere heim.

Streetart oslo brennerieveien

Riga//Liebesbrücken und Katergrüße

Riga Lovelocks Bridge

Was passiert ist: Ich habe diesen Eintrag versehentlich gelöscht, und jetzt, einige Wochen später sind die Erinnerungen an die Zeit in Lettland schon wieder abgekühlt und in Bilder erstarrt, die sich verändern, je mehr ich über sie nachdenke.

Riga Park

Was geblieben ist: Wasserlacken und kalter Regen vor der Markthalle, drinnen Frauen mit Schürzen, die Salzgurken und selbstgemachte Süßigkeiten verkaufen, Parks wie Wälder, Jungelparks eigentlich, in denen man Rehe, oder besser, Tiger vermuten könnte, mitten in den Parks Kanäle, über die Brücken führen und auf den Brücken hängen Lovelocks. Als könnte man der Fügung ein Denkmal setzen, oder etwas fixieren, dass doch flüchtig ist.

Markthalle Nach dem Regen glänzen die Straßen und eine Russin verlässt ihre Wohnung in der Altstadt mit frisch gelegten Haaren. Einer der Straßenkater bemaunzt sie und sie gurrt zurück, dann gehen beide ihrer Wege.

Straßenkatze Riga

Erinnerungen sind ein Seltsames, in meinem Kopf verschwimmen die Fassaden Rigas mit den Fassaden Stockholms, bunt sind sie beide und Schmiedeeisenlaternen hängen hier wie da.

Riga Gassen Und dann verwechsle ich die Hinterhöfe des alten Bukarest mit den Hinterhöfen des jetzigen Rigas, die verweinten Fassaden, die so viel zu erzählen hätten, ohne dass es noch jemanden gäbe, der zuhört.

verfallene Häuser Riga

Sonst ist ein gutes Gefühl geblieben von der Stadt, ein freundliches und tiefes. Die Erinnerung daran, dass es schön war.

10 Erkentnisse über ein verregnetes Rom

1. Wenn es regnet haben fast alle Touristen die gleiche gute Idee: Das Vatikanische Museum oder den Petersdom zu besuchen.
2. Touristen haben tatsächlich den Nerv, sich zweieinhalb Stunden im Regen anzustellen, um das Vatikanische Museum zu besuchen.
3. Touristen haben tatsächlich den Nerv, sich eine Stunde im Regen anzustellen, um den Petersdom zu besuchen.
4. Nicht alle Touristen, die im Petersdom sitzen, und die Augen geschlossen haben, sind in Kontemplation. Die meisten schlafen.
5. Converse sind nicht wasserfest. Echt nicht.
6. Wenn es regnet, materialisieren sich Schirmverkäufer mit Migrationshintergrund an jeder Straßenecke, aber verstecken sich, sollte man wirklich einen Schirm brauchen.
7. Dachrinnen hören zwei Meter über dem Gehsteig auf, damit das herabschießende Wasser die Gehsteigmitte erreichen kann.
8. Unter Wasserlacken sind Schlaglöcher nicht zu erkennen.
9. Mopedfahrer scheißen sich nichts. Auch nicht, wenn es schüttet.
10. Stadtpläne zerfallen bei Wasserkontakt zu vielen kleinen Fetzen.