Jūrmala//wo man bleiben könnte

Jurmala

In Jūrmala fließt die Lielupe ins Meer und wieder sind die Namen so großartig Tolkien oder Funke oder Hohlbein, dass man eigentlich von der tatsächlichen Gegend enttäuscht sein müsste, ist man dann wirklich dort. Aber nicht hier. Nicht in Jūrmala, wo der Himmel und das Meer eins sind und der Strand ein unendliches, hellbeiges Laufband am Pinienwald entlang ist.

Jūrmala

Hinter dem Strand wohnen reiche Letten und reiche Russen und alle ist sauber und poliert, dazu riecht es nach Salzwasser und nach weißen Kumuluswolken und nach BMWs in der Einfahrt der Holzvillen.

Jūrmala

Entlang der Promenade im Stadtkern finden sich die Abziehbilder jedes Städtchens: Die Touristen in Cafés, die Hundespaziergänger und die Nachdenklichen.

Jūrmala

Am Strand wird das Wasser langsam mehr, es kommt von draußen zurück, es holt sich die Rillen im Sand und die Fußspuren und alles, was in den Stunden des Tages in den Sand gezeichnet wurde.

Jūrmala beach

Jūrmala

 

Sigulda,Cēsis, Saulkrasti//Außerhalb, wo die Menschen aufhören

Riga Umgebung

Sigulda, wie herrlich das klingt, Sigulda im Mischwald, am Flussufer der Gauja. Wer in Sigulda eigentlich leben müsste, sind Frauen mit langen Zöpfen,mit geröteten Wangen und kräftigen Fingern und Rocksäumen, die beim Gehen über die Wiesen schleppen, und Männer, die im Sommer sonnenbraun sind und im Winter Schneeflocken in den Bärten haben. Die müssten hier leben und in Turaida und Krimulda, den anderen Stadtteilen, die nach Sagen klingen, und einen Hof müsste es noch immer geben, wo Pferde für das Tjostieren in den Wappenfarben geschirrt werden und Goldborten auf Ärmel genäht sind.

Sigulda

Aber vor dem Autofenster ziehen, sobald Riga nach Nordosten verlassen ist, die Wälder vorbei und Sigulda liegt in Spätsommerruhe. Die Parks sind leer und beim neuen Schloss haben die Rosen ausgeblüht.

Gutmannshöle Lettland

Dafür sammeln sich vor der Gutmannhöle, diesem seltsamen Sandsteingebilde mit den tags früherer Besucher spanische Touristen und machen Fotos, betasten die feuchten Bröselwände und verschwinden gesammelt wieder, ohne den Naturpfad weiter entlang gewandert zu sein.

cesis

In Cēsis ist herrscht nachmittägliche Ruhe. Am Hauptplatz wechseln Kleinstgruppen, auf der Baustelle neben der Kirche ist auch niemand, der Lärm machen würde. Ein Bub ist unterwegs und trägt sein Hündchen, dann rührt sich lange Minuten nichts. Das ist Cēsis an einem Septembernachmittag, Schwalben am Himmel, Häuser im Prozess der Restauration oder des stillen Verfalls, das könnte jede Kleinstadt sein, überall.

cesis

altes Gebäude Lettland

Cēsis Stadt

Cēsis Burgruine Castle

Und dann gibt es noch die Ordensburg, also, die Ruine der Ordensburg. Am Eingang bekommt man eine Laterne, um in der Dunkelheit der Wendeltreppe nicht verloren zu gehen, wenn man zum Dachstuhl des Turms hinauf will. Von oben aus kann man ins Land schauen, so wie die deutschen Kreuzritter des Schwertbrüderordens damals vor 800 Jahren. Und wahrscheinlich haben sie das gleiche gesehen:Cēsis Blick von Ordensburg

Und dann, irgendwo am Weg zwischen Valmiere und Saulkrasti zerfällt die Landschaft in Feld und Wald und Landstraße. Manchmal taucht ein Hof auf, mit Obstbäumen und Wäscheleinen, aber meistens bleibt es ruhig und leer.

Riga Umgebung

 Die Sonne geht lange unter, weil es so flach ist, und am Rand, dort fällt sie nicht ins Wasser, sondern zelebriert ihren Abgang in die Nacht.

Saulkrasti Beach

Saulkrasti Beach Sonnenuntergang

Saulkrasti Sunset

Århus//Måger dage og torden i aften

Aarhus

Am Morgen sind die Möwen vor dem Fenster und schrauben ihr Gekreische hoch. Wie spitze Schiffe fahren sie durch die blaue Luft und drehen den Kopf, wenn unter ihnen etwas auftaucht, wofür es sich zu landen lohnt. Es ist schon so bald hell.

aarhus malven

Dabei war der Sommer bisher bescheiden, hier heroben, welcher Sommer denn überhaupt? Der überraschend warme Tag lockt deshalb die Leute in die Gassen und macht Farben; die Räder glänzen und in den Malven am Gehsteigrand leuchtet es.

Aarhus Café

Vor den Cafés gibt es endlich wieder kurze Hosen und Kleider ohne Strümpfe, Kinderwägen die einarmig geschaukelt werden und Hunde unter den Tischen.

aarhus

Die Søndergade ist von beiden Seiten geschwemmt, vor der Domkirche sind die Bänke einzeln besetzt. Dort vor der Kirche kann man sitzen und zuhören, was die Stadt zu erzählen hat. Einzelne Gesprächsbrocken kommen von den Vorbeigehenden, und denen, die sich ein Eis geholt haben herübergetorkelt und klingen nach verbogenen Endsilben.

aarhus domkirche

Weiter unten breitet sich das mächtige Dokk1 aus. An seinen Rändern beschäftigen sich kindliche Seelen in den Spielinseln, die Kontinente repräsentieren und überdimensioniert begeistern, innen sind die Bücher in der ausladenden Architektur gefasst.

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Mit dem Abend rollen Wolken über den Himmel, ihre Bäuche sind unstet grau und die Möwen rufen aufgeregt nach dem Regen. Im Wald wird es düster, vom Boden auf dampft das Erdreich durch die Buchenblätter, dazwischen sind die Jogger unterwegs und laufen, als ginge es um ihr Leben.

Aarhus Riis skov

Ich halte mich in der Mitte der Wege, nur um niemanden vor die Beine zu kommen und ziehe die Schultern ein, wenn sich das Getappe und scharfe Atemholen nähert. Da, wo sich der Riis Skov wieder lichtet, ersetzen zaunlose Gärten die Backsteinbauten, dahinter Einfamilienvillen. Wenn nicht in einiger Entfernung das Abrollgeräusch von Autoreifen die Stille bricht, ist alles, was in der Luft hängt, das Gegurre der Ringeltauben. Vor einem der Häuser ist gemäht worden, es riecht nach Rasenschnitt und warmen Waffeln.

aarhus skovvej

Am Ende der Wege, die auf der Karte nach rechts führen, liegt dann endlich der Kiesstrand; und das Meer und die Meerwolken sind Eins. Einzelne Schwimmer ziehen durch das Wasser, parallel zur Uferlinie, in den Steinen hängen getrocknete Algen und Muschelfragmente. Gleichmäßig läuft die Wellenkante über den Kies, in kurzen Abständen, wie das Atmen eines Schlafenden.

aarhus Meer

Weit draußen brummt eine Donnersalve, dann kommt der Regen aus den Stahlwolken. Er ist warm und schwer und hält die Jogger nicht davon ab, ihre Langstreckensprints fortzusetzen.

8/Hoi An. Drahtpferdchen und Wasserbüffel.

Stand von Cua Dai

Der Sturm hat sich gelegt, die schweren Wolken sind aber geblieben und machen den Himmel diesig weiß. Am Vormittag drehe ich eine Runde in der Stadt, es ist komisch, so viel Zeit zu haben. Wenn es mir gefällt, setze ich mich an das Flussufer oder auf eine der Steinbänke und schau zu, wie der Wind  das Wasser kräuselt, darin ist eine große Ruhe.

Ha Noi Umgebung

Am Nachmittag fahre ich mit meinem Rad hinaus zum Strand mit den Augen am Straßenrand und den verwilderten Gärten die hinter den Steinmauern anfangen, den Häusern, die übergeblieben sind aus einer Zeit, als Portugal und Frankreich hier Einfluss hatte, Kolonialbauten mit Stuck und hölzernen Rollos anstelle von Fensterscheiben, durch die Räume weht es die Meeresluft herein.

Hoi An Umgebung

Indochinastil in seiner reinen Form, teilweise schon seit Jahrzehnten verwittert und deshalb umso gehaltvoller. Ich fahre bis an die letzte Spitze des Landarmes und komme eine Allee entlang mit verwaisten Häusern, die zum Meer hin gehen und die in ihrer straffen Anordnung und der Beflaggung eine unmissverständlich kommunistische Ästhetik in sich tragen.

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Etwas abseits zerfallen die Dörfer in lockere Anordnungen, auf den Gemeinwiesen grasen starke Kühe, vor den Häusern flattern Wäscheleinen. Am Weg zurück sind die Felder sumpfig und tief, Wasserbüffel käuen wieder und sind im Gras fast nicht zusehen.

Wasserbüffel