Mit dem ersten November beginnen die Holzhütten aus dem Boden zu wachsen, ungeordnet zuerst und unförmig wie zufällig abgeladenes Sperrholz. Schon nach wenigen Tagen aber wird aus ihnen eine Formation, kreisrund oder in sich geschachtelt und mehr noch, sie werden gebeizt, gestrichen und sie wachsen nach außen hin. An ihre Augen kommen Brauen aus Tannenzweigen und Lichterketten und kurz vor dem. 16 November füllt sich ihr Inneres. Eng drängt sich in ihnen Tand jeder Art, Zierrat, Bienenwachskerzen, gläserne Kugeln und sie alle funkeln um die Wette und die Hütten beschützen sie mit dem Wissen, etwas Kostbares zu enthalten. Zwischen den angehäuften Schätzen stehen Menschen mit Hauben und kalten Fingern, mit eingezogenen Hälsen und dicken Schuhen. Am Nachmittag, wenn es dunkel wird, leuchtet es gelb aus den Hütten und die Menschen, die draußen vorbeiziehen, werden mehr. Sie stoßen aneinander und bleiben vor den weit geöffneten Fenstern stehen, oder treiben weiter. Aus einigen Hütten dringt der Geruch frischer Krapfen und das süße Aroma von Punsch. Diese Hütten sind größer und ihr Holz klebt von Staubzucker und Langosfett. Sie haben es heiß in ihrem Inneren und in ihren Bäuchen rumoren Menschen bist spät in den Abend. Die kleineren Hütten sehen abfällig, aber auch ein wenig neidisch auf ihre großen, lebendigen Schwestern.
Und über alle Hütten wachen, still und ehern die Alten. Sie umfassen die Holzhütten wie Glucken ihre Kücken, und von Jahr zu Jahr vergessen sie die Kleinen, bis sie um die Weihnachtszeit wieder entstehen.
Maria Theresia lächelt auf sie herab, ihre Kinder. In ihrer Sorge darum, ob auch nichts zu Bruch gehe, denkt sie nicht an die beiden Großväter, die links und rechts den Markt flankieren. Deren Gesichter sind grau, aber ohne Zweifel aristokratisch. Die Aufregung in ihrer Mitte ist ihnen ein Wimpernschlag im Ablauf des Jahres, und trotzdem scheinen sie es zu genießen.
Nur ein Stück weiter sind die breitesten Hütten und die buntesten Bäume. Wenn es dunkel wird, wird es hier hell. Und hinter dem Markt ragt das Rathaus stolz auf. Es leuchtet mit seinen Kindern, dieses seltsame Märchenschloss, und blickt mit Leichtigkeit über die enorme Tanne vor sich.
Anders die Kirche am Karlsplatz. Die Hütten, die sich vor sich scharen, sind klein, und in dem Teich, der sonst ihr feines Antlitz spiegelt, ist eine Krippe gewandert, mit Schafen und Mangalitzerschweinen, Stroh hat sich ausgebreitet, in dessen Feuchte sich Kinder graben. Wie eine weiße Qualle sitzt die Kirche über allem und fluoresziert in die Nacht. Man sieht ihr nicht an, was sie von allem hält, aber ihre Schönheit erhebt sich wie immer über den nächtlichen Platz und lässt den kleinen Hütten nur bange Bewunderung.
Die Tanne ist fast zu mächtig für das Schloss. Es duckt sich dahinter, aber es ist gutmütig und freut sich an dem Baum und an den grünen Hütten, die es in seinem gewaltigen Innenhof versammelt hat. Und all die Menschen, die sich nicht entscheiden können, wem sie mehr Aufmerksamkeit schenken sollen, den Hütten mit ihren bunten, duftenden Heiligtümern, oder dem Schloss, durch dessen Fenster man einen Blick auf die Kronleuchter und den Stuck der Decke erhaschen kann.