Neujahrsmüdigkeit in den Mundwinklen.

Karlskirche, davor ein zebrochenes Sektglas.

Neujahr in Scherben am Karlsplatz,
ein zackiger Sektflötenabgesang auf 2021.

In der Innenstadt gibt es Glück zu kaufen, schweinrosa.
Die guten Vorsätze können an Hufeisen gebunden werden. Oder an Rauchfangkehrer.
Vorsatz:

  • Auf Hoffnung hoffen.
  • ?
  • Ein Vorsatz reicht.

Rotweiß-rotweiß-rote Schräglage.
Es war einmal ein Licht,
tschak, finster.

Schon am Tag nach Weihnachten
sind wir Last Christmas überdrüssig,
schon am Tag nach Silvester
schmeckt der Punsch nur noch
nach eingefärbtem Zuckerwasser.
Schade, finde ich. Wham geht doch immer.

Sterne bleiben an meinen Sohlen kleben.
Ich streife sie ab und sie glimmen auf, sobald sie die Morgensonne erfasst.

To weather the stormes of a little while

I visited the market, a little while ago.
There I found pomegranates and tangerines covered in snow and covered in the cold. Summer’s sweetness in Winter’s breath.

Ice apples in ice cubes
frozen hands fishing
for vitamins
open up remembrance of warmer days.

More skins for you and the dog.
Cloaking down under sky invasions I watch them pass by and I watch the earth freezing
over in a couple of minutes.

Dear nothingness

A bridge in Vienna, fogg surrounds everything

It was only recently that I crossed a bridge to get to work. The bridge was the same bridge as everytime I cross it. The handrail, the graffiti art, the cycleway, even the river beneath the bridge. But this time the world around was missing.

A spider web in the fogg

In this surrounding of wool-like exhalation, a spider’s web collection of drops anchored between here and there. And I remembered a German palindrome: Nebel // Leben, reflecting mist and life.

little ship covered in fogg

As I played the back and forth of Nebel-Leben-Nebel-Leben in my mouth, a boat went by, appearing and disappearing between the limitations of river and sky and everything in between.

I feel lonely for you

Bank in der Sonne vor abgeschlagener Mauer

You know, it will get darker from now on.

But as long as it lasts, we could treasure the golden days of autumn equinox.

We could stay outside in the leaves and in the long shadows and wait for our fingers to get clammy. We could listen to the gravel. We could –

 

 

Privat Residues

Writings on the Wall

I came across a street, more a lane, let’s say, the corner of a lane,

and there on the wall were writings.

Old ones and new ones.

It made me sad to look at them for no other reason

than

that nothing stays and once no one will remember.

 

Wien// Donauinsel

Wir haben uns eine Insel gebaut. Dort, wo vor fünfzig Jahren noch der Fluss in seinen Verästelungen über das Land geschwemmt ist, herrscht seit den 1970er Jahren Regulation. Die Hochwasserkatastrophen wichen dem künstlichen Damm, den Fahrradwegen und Grillplätzen, den 2 Millionen Bäumen und 3 Millionen, die das jährliche Donauinselfest bevölkern, den Hasen und Bibern und Schwänen, den Wildanglern und FKKlern, den gemauerten Tisch-Bank Ensembles und SonnenanbeterInnen und den Liebesnestern aus umgetretenen Gras. Auf der Donauinsel verschwindet die Stadt hinter den Silberpappeln.

to my dear english readers: all my days I will sing in praise of your forest, waters, your shining sand.

 

Wien//Würstelstand

Der ersten Fehler, den man begehen kann, ist Wurst zu sagen. In Wien heißt das Wurscht und hat gleich mehrere Bedeutungen. Wenn jemand mit der Schulter zuckt, den Kopf schieflegt und meint, das sei ihm wurscht, dann gibt er sich traktabel und will mit einem gewissen Thema nicht länger belästigt werden. Wenn aber jemand den Ellenbogen am Metalllehnbrett vom Würstelstand (also, pardon: Würschdlstaund) hat und meint, er hätte gern eine Wurscht, dann will er Frankfurter (nein! das ist keine Wiener!), oder Burenwurst oder eine Käsekrainer oder was ihm sonst noch den Cholesterinhaushalt zerstören könnte. Dass sich die Wiener Würstelstände inzwischen der Nachfrage gebeugt haben und zu Pizzaständen und Nudelständen und natürlich Kebabständen mutiert sind (oder zu suspekten Mischformen), tut der Tatsache nichts, dass sie Inseln der Nacht bleiben, an denen sich neben hungrigen Opernbesuchern Taxifahrer über die Schicht retten und wo das Partyvolk eine Grundlage für die noch zu folgenden Tropfen aufbaut. Und tagsüber werden hier diejenigen angeschwemmt, die eine allzukurze Mittagspause, oder niemanden zum Reden haben. Letztere finden ein offenes Ohr in den Verkäufern, die in ihren kleinen Häuschen nicht auskönnen, oder zumindest in den Tauben, die sich immer gerne füttern lassen.

to my dear english readers: we know what a wiener is, thank you.

 

 

Wien//Schnee

Wenn der Schnee kommt, fasst eine Urgewalt nach der sonst so regelwilligen Stadt. Je länger der Sturm dauert, desto unkontrollierbarer werden die Autofahrer. Straßenbahnen entgleisen und stürzen, da, wo sich die Erde auftut, in eisige Katarakte; um den Dom streichen Bären und Polarfüchse. In der Sicherheit der Wohnungen verbrennen die Menschen alte Zeitungen und hauchen Eisblumen an die Fensterscheiben.

To my dear english readers: why of course, winter is coming.

 

Wien//Trafik

Wer von Zigaretten oder Parkscheinen oder der neuesten Ausgabe irgendeines Wochenblattes abhängt, weiß, wo die nächste Trafik ist, während weniger Aufmerksame gerne an den ebenerdigen Monopolhandelsstellen vorbeispazieren, ohne sie zu bemerken. Es sind seltsam bipolare Orte, die Trafiken. Oft schuhkartonkleine Einzelhandelsunternehmen, bis nach oben hin angefüllt mit Schreib- und vor allem Tabakware, in denen trotz öffentlichen Rahmens kein Rauchverbot herrscht, wo – ganz im Sinne der ursprünglichen Intention, Kriegsinvaliden und Witwen ein Einkommen zu ermöglichen – immer noch vor allem Menschen mit Behinderung angestellt werden, die man aufsucht, wenn man die neue Autobahnvignette kaufen oder seinen Lotto-Toto Tipp setzen will, oder um einen Plausch mit der Trafikantin zu halten. Manche Trafiken verzichten ganz auf den Verkaufsraum und sind nach innen bestückte Schatzkisten, die nur durch ein Fenster hinausverkaufen. Neben den altehrwürdigen (die womöglich seit über zweihundert Jahren bestehen) finden sich die neuen mit ihren blinkenden Schildern und den E-Zigaretten in der Auslage; Anlaufstelle für Suchende jeder Art bleiben diese urösterreichischen Institutionen in beiden Fällen.

To my dear english readers: This might kill you.

Wien//Fahrrad

Wien ist nicht Münster oder Kopenhagen oder Leiden, wo das Fahrrad im Bewusstsein der StadtbewohnerInnen einen festen Platz hat, aber Wien bemüht sich, die ewig tragische Dreiecksbeziehung von Fahrrad-Auto-Fußgängerinnen flexibler (und ungefährlicher) zu gestalten. Wer im Besitz eines Fahrrades ist, muss sich dessen bewusst sein, dass jeden Moment die Möglichkeit der unfreiwilligen Scheidung besteht. Wer sein Rad mag, stellt es in den Hof. Wer es liebt, nimmt es mit in die Wohnung, dann besteht die Chance, dass es am nächsten Tag immer noch da ist.

To my dear english readers: All I want to do is (bicycle, bicycle, bicycle)